Der Wünschebogen

Wir alle hoffen manchmal auf ein Wunder. Auch der Weihnachtsmann.
Wer spricht ihm Mut zu?

Hier erfährst du es!

 

Zum Mitlesen:
Station 6 – "Die Wünsche-Bögen"

Im Park ist es still.
Alle Tiere schlafen in ihren Nestern und Höhlen. Nur dann und wann fährt in der Ferne ein Auto vorbei.
Niemand da, außer ihm.
Der Weihnachtsmann seufzt. Er muss etwas erledigen. Etwas sehr Wichtiges. Mit knirschenden Schritten geht auf einige Bögen zu. Spielgeräte zum Klettern und Rutschen. Und außerdem ein Ort der besonderen Wünsche.
„Ein bisschen wirken sie wie ein Tor zu einer anderen Welt, die Wünsche- Bögen“, denkt der Weihnachtsmann und lächelt.
Und die der Weihnachtsmann weiterleitet, wenn er keine Idee für eine gute Lösung hat.
Er wartet.
Das fühlt sich komisch an. Nichts zu tun außer zu warten …
Die Tage und Nächte vor Weihnachten sind so voll. Immer ist etwas los, immer braucht jemand etwas von ihm und immerzu zerrt ihn Teddy Eddy mit eiligem Blick auf seine Armbanduhr von einem Ort zum nächsten.
Aber jetzt … jetzt kann er nichts tun. Nur hier sitzen, auf seine Stiefel starren (die müsste er mal wieder putzen, sonst wird ihn Nikolaus wieder ganz bekümmert ansehen) und dann und wann in den Himmel hinaufschauen.
Er wartet auf das Christkind. So fühlt sich das also an. Still und doch voll Aufregung, die von den Zehen bis zur Nasenspitze pitzelt.
„Hallo, Weihnachtsmann“, sagt es und sitzt plötzlich neben ihm. Ein kleines Kind in einem hellen Hemdchen und mit nackten Füßchen. Und irgendwie geht ein wunderbares, geheimnisvolles Leuchten von ihm aus. Es lächelt.
„Christkind“, sagt der Weihnachtsmann verblüfft. „Ich hab dich gar nicht kommen sehen …“
„Gewusst, wie!“ Das Christkind zwinkert ihm zum. „Also, was gibt’s? Was hast du auf dem Herzen?”
„Woher weißt du denn, dass ich etwas auf dem Herzen habe?“, fragt der Weihnachtsmann.
„Aber Weihnachtsmann“, sagt das Christkind. „Zum einen weißt du, dass ich das spüre. Und zum anderen würdest du sonst wohl kaum hier sitzen. An den Wünsche-Bögen. Nicht wahr?“
Der Weihnachtsmann nickt und zeigt dem Christkind die Zettel. „Die liegen nicht in meiner Macht“, sagt er leise. „Vielleicht könntest du …?“ Das Christkind blickt ihn ernst an. „Lass hören.“
Der Weihnachtsmann blättert die Zettel durch. „Da wäre Lukas, der sich wünscht, dass seine Mutti gesund wird. Kim wünscht sich, Weihnachten zusammen mit ihren Großeltern feiern zu können. Kiril wünscht sich Frieden, damit er mit seiner Mama wieder zu seinem Papa in die Ukraine zurückkehren kann. Und Elena im Kinderheim wünscht sich ein Zuhause. Und hier …“
„Es ist gut“, unterbricht ihn das Christkind. „Ich sehe schon. Das sind alles sehr wichtige Wünsche. Und schwierige noch dazu. Ich kümmere mich darum.“ Sanft nimmt es dem Weihnachtsmann den Stapel Wunschzettel aus der Hand und steckt sie sorgfältig in seine kleine Umhängetasche. Dann blickt es auf und lächelt den Weihnachtsmann an. „Wünschen hilft, das sagst du doch selber immer. Oben im Himmel wünschen wir uns alle sehr, dass die Menschen hier auf der Erde friedlich zusammenleben und respektvoll miteinander umgehen.“ Es seufzt leise. „Die Weihnachtsengelchen und ich, wir tun unser Bestes. An manche Menschen ist kein Rankommen, irgendwie ist ihr Herz ganz kalt. Aber die allermeisten sind freundlich. Man muss sie nur dann und wann daran erinnern. Und dann, Weihnachtsmann, dann geschehen Wunder. Glaub es mir.“
Der Weihnachtsmann lächelt und nickt. Und dann deutet er zum Horizont. „Schau mal, es wird langsam hell. Der Himmel leuchtet rosarot!“
„Wie immer, wenn die Weihnachtsengelchen Plätzchen backen“, sagt das Christkind, holt eifrig eine große Dose aus der kleinen Umhängetasche und drückt sie dem verdutzten Weihnachtsmann in die Hände. „Himmelsplätzchen! Musst du probieren! Das sind die leckersten der Welt!“, schwärmt es.
Und dann ist es verschwunden. Der Weihnachtsmann schaut sich um, aber da ist kein Christkind mehr. Nicht neben ihm und auch nicht unterm Wünsche-Bogen  versteckt und auch sonst nirgends im Sonneberger Stadtpark, in dem nun die Vögel aufwachen und zu zwitschern beginnen.
Kein Christkind und keine Wunschzettel mehr. Die hat es mitgenommen in den Himmel. „Danke, Christkind“, flüstert der Weihnachtsmann. „Du wirst Lukas und Elena, Kiril und Kim und all die anderen Kinder sehr, sehr glücklich machen.“ Da hört er eilige Schritte, dreht sich um und sieht Teddy Eddy umherlaufen. Er wedelt mit seiner Weihnachtsliste und ruft: „Weihnachtsmann! Weihnachtsmann? Wo steckst du?“
„Hier bin ich, Eddy“, sagt der Weihnachtsmann.
Völlig außer Puste bleibt der Teddybär vor ihm stehen. „Puh, Weihnachtsmann, ich dachte … dachte schon, du wärst vielleicht bereits weg. Auf Weltreise, mit den Geschenken, dabei ist der Schlitten doch noch gar nicht fertig gepackt.“ Der Weihnachtsmann legt Teddy Eddy eine Hand auf die Schulter. „Aber mein lieber Eddy, ich würde doch niemals aufbrechen, ohne dir Bescheid zu geben.“ Er schmunzelt. „Hm, wenn ich es recht bedenke … würde ich niemals aufbrechen, ohne dich mitzunehmen.“
Teddy Eddy reißt Mund und Augen auf. „Echt? Du nimmst mich mit?“ „Das ist doch dein Herzenswunsch, nicht wahr?“, fragt der Weihnachtsmann. Teddy Eddy nickt. „Aber … aber den hab ich doch gar nicht laut gesagt, weil …“ Er puhlt verlegen mit einem Fuß im Kies. „Weil … ich will dich ja nicht stören oder so. Woher weißt du das denn überhaupt?“
Da lacht der Weihnachtsmann dröhnend. Und dann schließt er den Teddy in seine Arme. „Na, sind wir hier an den Wünsche-Bögen oder nicht? Ich könnte mir keinen besseren Begleiter als dich vorstellen, Teddy Eddy!“
Eddy grinst selig. Und dann schnappt er nach Luft, schaut auf seine Armbanduhr, schnappt noch einmal nach Luft und ruft: „Auweia, wir müssen weiter, Weihnachtsmann! Komm!“
Er nimmt den Weihnachtsmann an der Hand und gemeinsam laufen sie aus dem Park.

Hast du auch einen Herzenswunsch? Einen, der in keiner Weihnachtswerkstatt der Welt erfüllt werden kann und der vielleicht sogar so geheim ist, dass du dich nicht einmal traust, ihn auszusprechen? Berühr einen der Wünsche-Bögen, schließ die Augen und schick deinen Wunsch hinauf in den Himmel.